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Mansfelder
Bergbau & Hüttenwesen |
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Der Beginn der Teufarbeiten des
Dittrichschachtes am 31. Juli 1907
von Dr.
Stefan König
2007
Am 31. Juli 1907 wurden die
Abteufarbeiten für den Dittrichschacht (ab 1951
Fortschrittschacht II - bzw. FOS II) auf dem
Kirchberg bei Unterrißdorf aufgenommen. Mit den
nachfolgenden Ausführungen soll dieses
Ereignisses vor 100 Jahren gedacht werden.
Weiterhin werden einige wichtige Ereignisse, die
mit dem Unterrißdorfer Schacht verbunden sind,
in Erinnerung gerufen.
Ein neuer Schacht ist
erforderlich
Die Notwendigkeit für das Abteufen des
Dittrichschachtes kleidete der Obersteiger
Borkenstein von den Otto-Schächten bei
Wimmelburg bei der Schachttaufe in folgende
Verse:
,,Die Strebe auf dem Ottoschacht unter der
Hüneburg gehen zu End',
Deshalb hat man sich nach dem Kirchberg bei
Unterrißdorf gewend't,
Um zu taufen den Dittrichschacht".
Der Dittrichschacht war als Ersatz für die
Otto-Schächte bei Wimmelburg geplant, die zum
Schafbreiter Revier der Berginspektion I der
Mansfeldschen Kupferschieferbauenden Gewerkschaft
gehörten.
Der Namensgeber des Schachtes
Gemäß eines Beschlusses der Deputation der
Mansfeldschen Kupferschieferbauenden Gewerkschaft
wurde dem neuen Schacht ,,in bleibender
Erinnerung an die verdienstvolle Tätigkeit des
Vorsitzenden der gewerkschaftlichen Deputation,
des Leipziger Bürgermeisters Dr. Rudolf
Dittrich, den Namen Dittrich gewidmet". Der
Geheimrat Dr. jur. Rudolf Dittrich,
Oberbürgermeister der Stadt Leipzig von 4.9.1908
bis 31.12.1917, wurde auf dem Gewerkentag am
13.10.1903 in die Deputation der Mansfelder
Kupferschieferbauenden Gewerkschaft gewählt. Dr.
Dittrich trat in dieser Funktion die Nachfolge
des Leipziger Oberbürgermeisters Dr. Georgi an,
der seit 1877 die Interessen der Stadt Leipzig in
der Deputation vertreten hatte. Die im
Stadtarchiv Leipzig durchgeführten Recherchen,
über deren Ergebnisse in einem gesonderten
Artikel berichtet wird, verdeutlichen den großen
Einfluss der Stadt Leipzig auf die
Mansfelder Kupferschieferbauenden Gewerkschaft.
So verfügte die Stadt Leipzig im Jahr 1903
immerhin über ca. 14% der Anteile (Kuxe) der
Gewerkschaft. Die Gewerkschaft wurde von einer
Deputation geführt, deren Mitglied Dr. Dittrich
von 1903 bis 1920 war. An der Schachttaufe nahm
Dr. Dittrich nicht teil. In den Akten ist nur ein
Glückwunschtelegramm überliefert, welches er
anlässlich der Schachttaufe sendete. Der Streit
um die Hinterlegung einer KautionIm Jahr 1906
reichte die Berginspektion I beim Königlichen
Bergrevierbeamten in Eisleben den Betriebsplan
für das Abteufen eines neuen Schachtes bei
Unterrissdorf ein. In seiner Erörterung konnten
die Befürchtungen der preußischen
Bergverwaltung hinsichtlich eines mit dem Abteufen
verbundenen Grundwasserentzuges in den
Ortschaften Ober- und Unterrißdorf,
Lüttchendorf und Wormsleben nicht ausgeräumt
werden. Die daraufhin vom Königlichen
Oberbergamt Halle geforderte Hinterlegung einer
Kaution von 60 000 Mark wurde von der
Gewerkschaft abgelehnt. Diese Kaution sollte die
oben genannten vier Ortschaften in dem Fall
schadlos halten, wenn es beim Abteufen des
Dittrichschachtes zu einer Grundwasserentziehung
in diesen Ortschaften kommen sollte. Interessant
ist die Begründung der Höhe der Kaution durch
das Königliche Oberbergamt Halle. Es ging von
einer Einwohneranzahl von 1520 in den vier
Ortschaften und einem täglichen Wasserverbrauch
von 60-80 l/Tag aus. Es gab weiter an, dass die
Wasserbeschaffungskosten im ländlichen Raum
erfahrungsgemäß bei 40 Mark/Einwohner liegen.
Zwecks Aufhebung dieses Kautionsbescheids wurde
auch der zuständige preußische Minister durch
die Mansfeldsche Kupferschieferbauende
Gewerkschaft eingeschaltet. Er bestätigte aber
die Entscheidung des Oberbergamtes Halle. So
wurde am 6. September 1907 die Kaution durch die
Gewerkschaft in Form von mündelsicheren
Wertpapieren bei der Königlichen
Regierungshauptkasse in Merseburg hinterlegt.
Erst nach dem Abschluss der Teufarbeiten, wobei
es nicht zu dem vom Oberbergamt befürchteten
Grundwasserentzug kam, erhielt die Gewerkschaft
im April 1911 die Kaution zurück.
Die Abteufarbeiten
In den Jahren 1907 bis 1909
wurde der ca. 620 m tiefe Dittrichschacht, der
einen Durchmesser von 6 m hatte, niedergebracht.
Beim Abteufen wurde ein Kaliflöz von ca. 12 m
Mächtigkeit angetroffen. Das Kupferschieferflöz
wurde in einer Tiefe von 604 m erreicht. Der
Dittrichschacht war nicht nur zur Gewinnung von
Kupferschiefererz, sondern auch zum Abbau des bei
den Abteufarbeiten angetroffenen 12,5 m
mächtigen Kaliflözes vorgesehen. Dafür wurde
das Kalisalzbergwerk ,,Dittrichshall"
gegründet. Der im Jahr 1913 in unmittelbarer
Nähe des Dittrichschachtes abgeteufte
Wachlerschacht begründete ein eigenes
Kalisalzbergwerk. Es erhielt den Namen Paulshall.
Der Dittrichschacht verfügte über zwei
Füllorte, die bei 380 m (Kalisalzlagerstätte)
und bei 580 m (Kupferschieferlagerstätte -
Niveau 8. Sohle) Schachtteufe lagen. Aus diesen
unterschied- lichen Teufen wurde taubes Gestein
aus den Abbauen und Strecken des
Kupferschieferbergbaus und bis 1925 Kalisalze zu
Tage gefördert. Die Schachtröhre war in vier
Förderabteilungen aufgeteilt. Von den vier
Förderabteilungen dienten bis zur Einstellung
des Kalibergbaus im Jahr 1925 jeweils zwei zur
Kupferschieferbergeförderung bzw. zur
Kalisalzförderung. Das taube Gestein wurde auf
Halde gestürzt, das Kalisalz per Seilbahn zur
Weiterverarbeitung nach Eisleben transportiert.
Beim Durchteufen des ca. 200 m mächtigen
Steinsalzlagers wurden die preußischen
Zollbehörden aktiv. Um den steuerrechtlichen
Forderungen des preußischen Fiskusses gerecht zu
werden, war eine Vermarktung des bei den
Abteufarbeiten anfallenden Steinsalzes oder eine
,,Unschädlichmachung" des Salzes
erforderlich. Da eine wirtschaftliche Verwertung
des verunreinigten Steinsalzes nicht möglich
war, musste eine Ablagerung dieses Steinsalzes
auf dem Schachtgelände vorgenommen werden. Diese
Ablagerung musste so geschehen, dass eine
spätere Nutzung des Steinsalzes nicht mehr
möglich war. Diese Arbeiten wurden durch die
preußische Zollbehörde beaufsichtigt. Das
Königliche Zollamt Eisleben stellte der
Gewerkschaft für die Zeit vom 28. August bis 30.
September für den Einsatz des Hilfszollaufsehers
Schubert auf dem Dittrichschacht eine Summe von
119 Mark in Rechnung. |
Das
Kalisalzbergwerk Dittrichshall 1910 1925)
Aus der Schachtröhre des
Dittrichschachtes heraus wurde das
Kalisalzbergwerk Dittrichshall angelegt und
betrieben. Die Kalibaue des Dittrichschachtes
wurden im Niveau der 380 m-Sohle mit denen des
Wachlerschachtes verbunden. Die gewonnenen
Kalisalze wurden mittels einer ca. 8,4 km langen
Seilbahn, die vom Unterrißdorfer Dittrichschacht
(ab 1951 Fortschrittschacht II) über den
Wolfschacht (ab 1949 Fortschrittschacht) zur
Kalifabrik nach Eisleben führte,
abtransportiert. Am 1. Juli 1925 erfolgte u. a.
die Stilllegung von Dittrichshall und Paulshall
sowie der Chlorkaliumfabrik in Eisleben. Für
eine Entschädigungssumme von 12 Millionen
Reichsmark wurden die Mansfeldschen Kaliwerke
für eine Zeitdauer von 30 Jahren an die
Kali-Vereinigung GmbH Magdeburg verpachtet. Der
Dittrichschacht wurde ab diesem Zeitpunkt voll
auf die Anforderungen des Kupferschiefer-
bergbaus umgestellt.
Der Dittrichschacht in den
Jahren 1925 bis 1951
Der Dittrichschacht diente
in dieser Zeit als Förderschacht für ein Teil
der im Wolfschacht anfallenden Berge sowie als
Wetter- und Fluchtwegschacht. In den dreißiger
Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die mittels
Pferdeförderung vom Wolfschacht kommenden Wagen
mit Bergen aus dem Kupferschiefererzabbau und den
Streckenauffahrungen bis auf den Füllort der 8.
Sohle befördert. Dort wurden sie in Kaliwagen
umgeladen und nach über Tage gefördert. Die
untertägige Pferdeförderung wurde im
Wolfschacht im Jahr 1936 durch
Lokomotivförderung ersetzt. Die Einlagerung von
sehr wertvollen Kunstgütern während des II.
Weltkrieges in den Dittrichschacht wurde bereits
von Herrn Dr. Mirsch in einen separatem Artikel
ausführlich beschrieben.
Aus dem Dittrichschacht wurde
der Fortschrittschacht II
Am 20. Mai 1951 wurde der
Dittrichschacht in Fortschrittschacht II (FOS II)
umbenannt. Im November 1952 wurden die
Bergeförderung und der Haldenbetrieb wieder
aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt waren 700
Bergleute angelegt, davon 600 Mann Untertage.
Besondere Bedeutung erlangte der FOS II als
Ausbildungsschacht für den bergmännischen
Nachwuchs. So wurden im Jahr 1953 auf dem FOS II
350 Lehrlinge ausgebildet.
Die Halde des
Fortschrittschachtes II verschwindet
Auf der ursprünglich
angelegten Flachhalde wurde in den Jahren 1956/57
eine Höhenfördereranlage zur Schüttung einer
Spitzkegelhalde in Betrieb genommen. Im Jahr 1960
wurden die Bergeförderung und damit der
Haldenbetrieb eingestellt. Bereits zur DDR-Zeit
wurde die Halde des FOS II durch das
Braunkohlenwerk Röblingen vollständig
abgefahren. Die Haldenberge wurden zur
Stabilisierung der Gleise im Tagebau Amsdorf
verwendet.
Der Fortschrittschacht II
Sitz der Bergbauforschung (1961 - 1964)
In den Jahren 1961 - 1964
war der FOS II Sitz der Abteilung
Bergbauforschung des Mansfeld Kombinates. Es
wurde neben der Weiterentwicklung des
Geradstrebabbaus mit großer Intensität
Forschungsarbeiten für die Einführung eines
neuen Abbauverfahrens
(Schälschrapperstrebbau-SSSB) durchgeführt.
Dieses Verfahren kam im Sangerhäuser Revier zum
Einsatz und erreichte im Jahr 1986 trotz aller
Probleme einen Anteil von 13 % an der
Gesamtabbaufläche des Kupferschieferbergbaus.
Auch wurden im Grubenfeld des FOS II die ersten
Geradstrebe in der Geschichte des Mansfelder
Kupferschiefererzbergbaus unter
Produktionsbedingungen eingesetzt.
Im Dezember 1964 wurde der FOS II als
Bergwerksanlage stillgelegt. Danach übernahm bis
1967 das Wissenschaftlich-Technische Büro des
Mansfeld Kombinates das Schachtgelände. Der
Kulturraum des Schachtes wurde in dieser Zeit von
der Schule Unterrißdorf genutzt. Nach Verwahrung
der Schachtröhre im Jahr 1968 und Demontage der
übertägigen Bergwerksanlagen im
Jahr 1971 diente das ehemalige Schachtgelände
mehreren Unternehmen als Standort. Derzeitig wird
die Liegenschaft von einem Logistik- und
Handelsunternehmen genutzt. |
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