Mansfelder Bergbau & Hüttenwesen

Die Schachttaufe des Dittrichschachtes vor 100 Jahren
von Dr. Stefan König
2007

Am 31. Juli 1907 begannen auf dem Kirchberg bei Unterrißdorf mit einer festlichen Schachttaufe die Abteufarbeiten für einen neuen Schacht. In einem Artikel, der im Jahr 1907 im „Bergboten für die Grafschaft Mansfeld“ erschien, wird die Schachttaufe ausführlich beschrieben. Dieser Artikel diente als Quelle für die nachfolgenden Ausführungen.
Am 31. Juli 1907, gegen 14:00 Uhr, versammelten sich ca. 140 Teilnehmer der Schachttaufe im Inneren des hölzernen Abteufförderturmes. Er war mit Flaggen, frischem Grün und bergmännischen Wappenschildern festlich geschmückt. Ein Pfahl markierte die Mitte des zukünftigen Schachtes.

Bedingt durch die Erkrankung des Ober-Berg- und Hütten-Direktors Bergrat Schrader sowie der dienstlichen Abwesenheit seines Vertreters für technische Angelegenheiten, des Bergwerkdirektors Max Geipel, wurden die Feierlichkeiten zum Anhauen des neuen Schachtes durch den Bergwerksdirektor Max Ludwig geführt.
Er war zu dieser Zeit Leiter der Berginspektion I der Mansfeldschen Kupferschieferbauenden Gewerkschaft. Der neue Schacht bei Unterrißdorf war als Ersatz für die Otto-Schächte bei Wimmelburg geplant, die zum Schafbreiter Revier der Berginspektion I gehörten. Bergwerksdirektor Max Ludwig führte in seiner Festansprache u.a. aus, dass das Abteufen des neuen Schachtes bei Unterrißdorf den Abschluss eines großen Vorhabens der Mansfeldschen Kupfer- schieferbauenden Gewerkschaft darstellt. Dafür stehen die neuen Tiefbauschächte Paul, Vitzthum und Wolf. Danach verkündete er den Beschluss der Deputation der Mansfeldschen Kupfer- schieferbauenden Gewerkschaft, den neuen Schacht in bleibender Erinnerung an die verdienst- volle Tätigkeit des Vorsitzenden der gewerkschaftlichen Deputation, des Leipziger Bürgermeisters Dr. Rudolf Dittrich den Namen „Dittrich“ zu widmen. Mit diesen Worten und einem herzlichen „Glück auf“ vollzog Bergwerksdirektor Ludwig mit einer Keilhaue den symbolischen Akt des Anhauens – des Beginns der Abteufarbeiten.
Danach war Obersteiger Borkenstein, der als Leiter des Schafbreiter Reviers auch für die Abteuf- arbeiten des Dittrichschachtes verantwortlich war, an der Reihe. Gemäß althergebrachter Mans- felder Bergbautradition goss er mit dem Spruch:

„Die Strebe auf dem Ottoschacht unter der Hüneburg gehen zu End’,
deshalb hat man sich nach dem Kirchberg bei Unterrißdorf gewend’t,
um zu taufen den Dittrichschacht,
der uns reiche und viel Minern aus dem Martinsschächter Flözgraben schafft.
Möge das Werk wohl gelingen und allenthalben Segen bringen - Glück auf!“

eine Flasche alten Nordhäuser Branntwein über die Schachtscheibe und führte seine drei Keil- hauenhiebe aus.
In Vertretung des Königlichen Bergrevierbeamten sprach der Berginspektor Erdmann folgenden Spruch:

„Vor Wasser, Gott den Schacht bewahr’,
die Knappen schütz’ er vor Gefahr“.

Der für das Glückaufer Revier der Berginspektion I, zu dem die Schächte Martins und Clotilde gehörten, verantwortliche Obersteiger Fahnert trat mit folgendem Spruch auf:

„Schacht Dittrich bist Du getauft, das haben wir heute vernommen.
Ich wünsche dass Du nicht ersäufst – auch nicht so viel Holz verbrauchst,
Ruhm und Ehr’ der Inspektion,
der Gewerkschaft reichen Segen – Glück auf!“

Sein Amtskollege in der Berginspektion I, der Obersteiger Blättermann vom Helftaer Revier steuerte folgenden Spruch zu der Schachtweihe bei:

Du junger Dittrich nimm Dir zur Lehre,
du machst Deinen Paten die größte Ehre,
wenn Du bald Schiefern förderst von unten
so reich, wie sie im Flözgraben gefunden.
Darauf dem Dittrich ein Glück auf!
Und nun mit allen Kräften drauf!“

Bergwerksdirektor Kossuth, der u.a. für den Kalibergbau in Wansleben verantwortlich war, gab in seinem Spruch der Hoffnung auf die Gewinnung von Kalisalzen im Dittrichschacht Ausdruck:

„Ich wünsche, dass Du uns’re Hoffnungen nicht betrügst,
reiche Erze, Kalisalze und noch Anderes aufschließ’t“.

Der Gerichtsassessor a. D. Beling erinnerte mit seinem Spruch humorvoll an den Weinanbau in der Unterrißdorfer Flur:

„Dort hoch auf dem Berge wächst köstlicher Wein,
hier unten im Berge ruht edles Gestein,
das Erz aus der Erde sei haltig und fein,
das mehr Ruhm ihm werde, als dem Rißdorfer Wein“

Vom Gerichtsassessor Schwabe stammt folgender Spruch:

„Komme glücklich hinab, Du Schacht bei Unterrißdorf;
Hoffentlich zeigen sich nicht unten dann Risse im Dorf“.

Besonders gelungen war der Spruch des Maschinensteigers Kirchberg:

„Tief unter diesem Kirchberg liegt ein Schatz begraben,
wo manche Fischlein schlummern schon viele Tausende von Jahren.
Die Mansfelder Bergleute, die wollen mit Keilhaue, Fäustel und beim Grubenlicht
die Kupferschiefer graben und sie fördern ans Tageslicht.
Und wenn beim Abteufen auch Wasser uns drängen, so dass der Damm einbricht,
so werden wir dafür sorgen, dass die Pumpen gut heben, und mit Gottes Hilfe ersaufen wir auch nicht;
Auch, sollte der Hoffnung letzter Anker zerbrechen, auch dennoch verzagen wir nicht.

Diese Befürchtungen hinsichtlich der Gefahr von Wassereinbrüchen und die damit in Zusammenhang stehenden Vorgänge um den Salzigen See waren Inhalt weiterer Sprüche. Der Markscheider Dahlmann drückte es so aus:

„Schacht Dittrich, benehme Dich,
groß ist die Näh’ zum Salzigen See“.

Dagegen zeigte sich der Gemeindevorsteher von Unterrißdorf, Herr Peter, mit seinem Spruch sehr optimistisch:

Wachse und blühe von heute
zu Unterrißdorfs Freude – Glück auf“.

Der Hütteningenieur Bolze hatte einen gelungenen Spruch parat:

„Ist in des Schachtes tiefsten Gründen auch kein Hüttenmann zu finden,
so wünsch’ ich Dir doch mit ganzem Herz
recht wenig Wasser und viel Erz!“

Traditionsgemäß und entsprechend der Rangordnung der anwesenden Festgäste waren zuletzt die Drittelführer der Abteufmannschaft mit ihren Sprüchen an der Reihe. Folgende Sprüche sind von ihnen überliefert.
 
Herr Drittelführer Otto Höhne:

„Sümpfe und versauf’ nicht,
auf dass Du dem Herrn Ehre machst,
auf den Du getauft bist – Glück auf!“.

Herr Drittelführer Wilhelm Heise:

„Mit Mut und Kraft und Gottes Macht
hau’ ich meine Keilhau’ in diesen Schacht – Glück auf!“.

Herr Drittelführer G. Weinreich:

„Im neuen Schacht, den wir wollen baue’n, soll keiner sich der Arbeit grau’n,
denn Hand in Hand muss alles geh’n, so werden wir bald Schiefer seh’n“.

Herr Drittelführer Hermann Ziegler:

„Fleiß’ge Leute und keine Wasser,
dann geht’s Senken gut von statten.“

Nachdem die letzten drei Keilhauenhiebe getan waren, begaben sich die Festgäste gemäß ihrer sozialen Stellungen in unterschiedliche Festräume. So waren für die Honoratioren der Zimmerschuppen hergerichtet. Die Abteufmannschaft versammelte sich in der Mannschaftstube. Leider ist bisher noch kein Foto von der Schachttaufe eines Mansfelder Schachtes bekannt.
In dem „Bergboten für die Grafschaft Mansfeld“ wird weiter berichtet, dass der Einzug der Festteilnehmer in die einzelnen Räume von der Musik eines Phonographen begleitet wurde. Danach spielte er laut und deutlich die Melodie „Dies ist der Tag des Herrn“. Überraschend ist festzustellen, dass in diesem Artikel, genau wie in den Artikeln von den Schachttaufen des Wolf- und Vitzthumschachtes keine Weihhandlungen von Geistlichen beschrieben werden.

  

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