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Mansfelder
Bergbau & Hüttenwesen |
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Zur Notwendigkeit und zur
Entwicklung der Grubenwehren
im Mansfelder Kupferschieferbergbau
von Martin
Spilker
(Mitglied der Grubenwehr 1968 - 1991, davon Oberführer
der Grubenwehr
Sangerhausen 1975 - 1987 und Niederröblingen 1987 -
1991)
2011
Abb. 1: Emblem der
Grubenwehr, links: DDR, rechts: BRD
1. Vorbemerkung
Es ist keine Neuigkeit, dass der Beruf des
Bergmanns, ja der Bergbau schlechthin lehrt, mit
der Gefahr zu leben. Dies resultiert aus der
Tätigkeit unter der Erdoberfläche, aus der
Tätigkeit im künstlichen Licht und der
räumlichen Enge mit den sich daraus ergebenden
besonderen Bedingungen für die Ausführung sonst
ganz banaler Tätigkeiten. Hinzu kommt die
Notwendigkeit zur künstlichen Aufrechterhaltung
der klimatischen Lebensbedingungen für den
Menschen durch die Wetterführung, die oft
ungenügende Kenntnis über die in der Grube und
auf die Grube wirkenden natürlichen
Einflußfaktoren wie Gebirgsdruck, Wasser- und
Gaszutritt und dergleichen mehr.
Diese Bedingungen, die sich mit zunehmender Teufe
und Technisierung noch verschärften, führten zu
allen Zeiten und in allen Bergbauzweigen zu
Verlusten an Menschen und Material, ja ganzen
Gruben.
Der Kupferschieferbergbau stellte da keine
Ausnahme dar. Hier sind neben Vorkommnissen durch
Steinfall und im Förderprozess, den statistisch
unfallträchtigsten Tätigkeiten, vor allem Gas-
und Wasseraustritte, sowie Grubenbrände zu
nennen.
Über die Zahl der Opfer an Bergleuten gibt es
keine umfassenden Statistiken. Es ist aber
bekannt, dass in der 800-jährigen Mansfelder
Geschichte viele Bergleute unter Tage, und, im
Zusammenhang mit der bergmännischen Tätigkeit,
auch über Tage ihre Gesundheit oder ihr Leben
verloren. Eine für den Wolf-/Fortschritt-Schacht
1 für die Zeit zwischen dem Teufen des Schachtes
1906 und der Produktionseinstellung 1967, also
für rund 60 Jahre ermittelte Zahl, nennt für
diesen Schacht 141 Personen, also
durchschnittlich 2,3 Todesfälle/Jahr. Die Namen
dieser Toten sind zur Erinnerung an alle Opfer im
Denkmal für die Mansfelder Berg- und
Hüttenleute in Eisleben hinterlegt (Abb. 2). |
Abb. 2: Denkmal für
die Mansfelder Berg- und Hüttenleute in Eisleben
2. Havarien und
Vorkommnisse im Mansfelder Bergbau
Wie schon gesagt stellten Steinfall- oder
Förderunfälle die Mehrzahl der Ereignisse,
Wassereinbrüche, Gasaustritte, Brände oder
technische Havarien waren aber in den
Auswirkungen auf den Betriebsablauf von deutlich
größerer Bedeutung.
Besonders im Gedächtnis haften geblieben und
immer wieder mit "Mansfeld" in
Verbindung gebracht, sind die Wassereinbrüche in
die Gruben, die ihre Ursachen in der
Wasserführung und der damit verbundenen
Verkarstung des Hangenden der Kupferlagerstätte
hatten. Sie sind vor allem aus der Mansfelder
Mulde bekannt. |
Abb. 3: Lage
der Wassereinbrüche in der Mansfelder Mulde
(Bild anklicken um es zu vergrößern)
Die Wassereinbrüche
begannen Ende des 19. Jahrhunderts im Südteil
der Mansfelder Mulde (Abb. 3) westlich von
Eisleben und entwickelten sich innerhalb von
reichlich 20 Jahren entlang der
Verbreitungsgrenzen des Werra- und des
Staßfurt-Steinsalzes nach Norden bis zum
Zirkel-Schacht. Die Einzelheiten dazu zeigt Abb.
4. |
Abb. 4:
Wassereinbrüche im Südteil der Mansfelder Mulde (nach
LORENZ, 1962)
Sie erreichten im Südteil
der Mansfelder Mulde traurige Berühmtheit, weil
in ihrem Gefolge zum Beispiel der Salzige See
(8,7 km² / 70 Mill. m³) verschwand und in
Eisleben und seinem Umfeld über Jahrzehnte
andauernde Senkungen die Erdoberfläche
nachhaltig veränderten. Aber auch der Nordteil
der Mansfelder Mulde um den
Otto-Brosowski-Schacht blieb von solchen
Ereignissen nicht verschont (Abb. 5). |
Abb. 5:
Nordteil der Mansfelder Mulde (nach LORENZ, 1962,
ergänzt)
Es zeigte sich im Zuge der
Auswertung dieser Ereignisse, dass alle
Wassereinbrüche sich vorher unterschiedlich
lange durch Zuflüsse geringerer Intensität
(Tropfstellen oder Traufen) angekündigt hatten.
Außerdem stellte sich heraus, dass besonders
hohe Zuflussraten dort eintraten, wo der Einbruch
nicht aus dem Zechsteinkalk sondern aus im
Streckenquerschnitt aufgeschlossenem Steinsalz
erfolgte (Abb. 6). |
Abb. 6: Brosowski-Schacht,
letzter großer Wassereinbruch in der Mansfelder Mulde
(1958)
Daraus ergaben sich
wesentliche Lehren für den Schutz der Gruben vor
Wassereinbrüchen, nämlich die regelmäßige
Kontrolle aller Wasserzuflüsse nach Menge und
Qualität, die Vermeidung von Auffahrungen im
Steinsalz, sowie schonende Behandlung des
Hangenden durch entsprechende Abbauführung. Aus
der Forderung nach regelmäßiger Kontrolle der
Zuflussstellen ergaben sich schließlich für die
Grubenwehren zahlreiche und regelmäßige
Einsätze. Die Erfahrungen aus der Mansfelder
Mulde wurden auch im Revier Sangerhausen (Abb. 7)
umgesetzt. Trotzdem war es auch hier nicht
möglich, Wasserzuflüsse zu den Gruben zu
verhindern. |
Abb. 7:
Thomas-Münzer-Schacht 1989
Neben den natürlichen
Bedingungen wirkten sich besonders die
staatlichen Anforderungen an die Produktionshöhe
von Kupfererz nachteilig aus. Die intensive
Überwachung ermöglichte es aber im
Zusammenwirken mit umfangreichen technischen
Maßnahmen (Dammtoren, Dämmen, Wasserhaltungen,
Stauräumen) die Gruben des Sangerhäuser Reviers
lange produktionsfähig zu halten. Einschneidende
Einschränkungen gab es erst, als etwa ab 1985 im
Westfeld und später auch im Ostfeld des
Schachtes Sangerhausen erhebliche Wasserzugänge
die Produktion zum Erliegen brachten (Abb. 8). |
Abb. 8:
Sangerhäuser Revier / Schacht Sangerhausen
Trotz der hohen finanziellen
Belastung durch die zur Aufrechterhaltung der
Gruben erforderlichen Wasserhaltungsmaßnahmen,
die Beseitigung der Schäden in den Gruben und
über Tage ist es stets als außerordentlich
erfreulich empfunden worden, dass diese
Ereignisse ohne Schäden für Leib und Leben der
Belegschaft überwunden werden konnten.
Eine weitere Gefährdung für die Gruben bestand
permanent durch Gasaustritte. Hier ist besonders
der Methangehalt des Gebirges zu nennen, der bei
unzureichender Wetterführung zu
Methananreicherungen in den Wettern und auch zu
Schlag- zu Schlagwetterexplosionen bzw.
-verpuffungen führte. Dies ging nicht immer ohne
Verletzungen oder Todesfälle ab. Aus der
Mansfelder Mulde sind aus den letzten 40
Produktionsjahren etwa 30 derartige Ereignisse, 5
davon mit Personenschaden, bekannt. Im Revier
Sangerhausen lag die Ereignisanzahl weit
darunter. Verletzungen wurden nicht bekannt. Zu
erwähnen sind in diesem Zusammenhang aber auch
Schwefelwasserstoff, der stets an Wasserzuflüsse
gebunden war, und Stickstoff. Der Stickstoff war
in der Regel in den Sandsteinen des Liegenden in
den tieferen Sohlen anzutreffen und führte bei
Initiierung durch Sprengarbeit in beiden Revieren
oft zu explosionsartigen Gesteinsauswürfen.
Dieses Phänomen wurde erst nach langwierigen
Versuchen durch Umstellungen der
Sprengtechnologie überwunden. |
Abb. 9:
Bernard-Koenen-Schacht 2 1989 und 1995
Einen besonderen Platz unter
den Gasaustrittsstellen nahm der Aufschluss der
sog. Hochscholle im Baufeld um den Schacht
Nienstedt ein (Abb. 9). Hier wurden im Zuge der
Streckenauffahrungen 1978 zunächst
Wasserzuflüsse aus sog. geschlossenen Systemen
(sog. Liegendwasser) angetroffen. Die
Wassermengen steigerten sich allmählich auf max.
ca. 0,5 m³/min und wurden dann von
stickstoffreichen Gasen (N2-Gehalte > 97 %)
begleitet. Dabei waren das größere Problem die
Gasaustritte, zumal Drücke um die 1,6 MPa
anstanden. Dieses Vorkommen von Wasser und Gas
behinderte den Vortrieb erheblich und erforderte
teilweise sogar, den Vortrieb durch die
Grubenwehr zu gewährleisten. In Summe trat
dadurch ein Zeitverzug von etwa 5 Jahren beim
Aufschluss dieses Baufeldes ein. Bis zur
vollständigen Entgasung wurden etwa 30 Mill m³
Gas abgefördert. Die Wassermenge lag insgesamt
bei etwa 1,2 Mill.m³.
Nicht unerwähnt bleiben sollen in diesem
Abschnitt auch einige spektakuläre technische
Havarien. Gemeint sind hier nicht Vorkommnisse
wie der Absturz von Förderwagen in den Schacht
oder unkontrolliert erfolgende Salzwasserabgänge
aus der Wasserhaltung in den Vorfluter, sondern
solche Ereignisse wie der Absturz von 2
Fördergestellen und des Förderseils im Schacht
Nienstedt (1961) oder der Abriss des Unterseils
einer Förderung im Schacht Sangerhausen (1988).
Auch derartige Havarien erforderten immer wieder
operative Aktionen zu ihrer Beseitigung und zur
Aufrechterhaltung der Produktion.
Das folgenschwerste Unglück, bei dem infolge von
menschlichem Versagen ein Gummiförderband im
Flügel 53 in der 11. Sohle des Schachtes
Niederröblingen in Brand geriet, ereignete sich
1987.
Es forderte 3 Menschenleben und hatte einen
zweiwöchigen Grubenwehreinsatz, hohen
Produktionsausfall und den Verlust der
havarierten Abteilung zur Folge.
Solche Ereignisse, wie sie oben geschildert
wurden, führten letztlich zur Entstehung der
Grubenwehren in allen Bergbaubetrieben, nicht nur
bei der "Mansfeld".
Ihre Aufgabe war es
- Menschenleben zu retten und zu erhalten,
- Verunglückte zu bergen,
- Sacheigentum zu erhalten,
- die Produktion sicherzustellen.
3. Entwicklung des
Grubenrettungswesens
Ein organisiertes Grubenrettungswesen entwickelte
sich in allen Bergbauzweigen, also auch im
Kupferschieferbergbau allmählich, nachdem es die
technischen Möglichkeiten gestatteten, einen von
der Umgebungsluft unabhängigen Atemschutz
bereitzustellen.
Erste Angaben zur Bildung von Grubenwehren im
Kupferschieferbergbau gibt es vom Ende des 19.
bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts. Bereits 1930
berichtet GÄNGEL in "Nappian und
Neuke" darüber am Beispiel des
Vitzthum-Schachtes. |
Abb. 10:
Vitzthum- / Thälmann-Schacht 1962
Die Notwendigkeit der
zentralen Organisation ließ 1907 einen
Grubenwehrstützpunkt, der für ganz
Mitteldeutschland und damit auch für den
Kupferschieferbergbau zuständig war, in
Halle/Saale entstehen. 1938 erfolgte die
Umbildung zur Bezirksrettungsstelle. Sie wurde
1950 auf dem Clotilde- (Max-Lademann-) Schacht
(Abb. 11) in Eisleben angesiedelt, wo sie bis
1970 für die Ausbildung der Grubenwehren des
Erz-, Kohle-, Kali- und Spatbergbaus dieses
Raumes und die Bereitstellung einer
Einsatzbereitschaft, (bestehend aus 2 Gruppen)
verantwortlich war. |
Abb. 11:
Clotilde- / Lademann-Schacht etwa 1950
Ab 1970 wurde die fachliche
Anleitung der Grubenwehren und die Ausbildung von
technischen Mitarbeitern (Gerätewarte) und
leitenden Kräften (Oberführer) für die
Grubenwehren der DDR von der Hauptstelle für das
Grubenrettungs- und Gasschutzwesen in Leipzig
übernommen. Sie betreute später auch die
Gasschutzwehren in Tiefbohrbetrieben,
Schwelereien, Kokereien und Hüttenbetrieben. Die
Hauptstelle war ein Funktionalorgan der Obersten
Bergbehörde der DDR. Die Arbeit der Grubenwehr,
die in allen Betrieben, die untertägigen Bergbau
betreiben, also auch im Mansfeld-Kombinat auf
jeder Schachtanlage unterhalten werden musste,
wurde deshalb seitens der zuständigen
Bergbehörde im Zusammenhang mit der Kontrolle
des Jahresbetriebsplans durch Bezirksinspektoren
überwacht. |
Abb. 12: Rettungsstelle Thomas-Münzer-Schacht (oben)
und Bernard-Koenen-Schacht (unten)
Die 1965 innerhalb der
Grubenwehren des Kupferschieferbergbaus mit Sitz
in Niederröblinen (Abb. 12) gebildete
Spezialistengruppe Taucher wurde fachlich
angeleitet von der Taucherkommission des
Seefahrtsamtes der DDR in Rostock. In jüngster
Zeit werden die Grubenwehren fachlich von der
Berufsgenossenschaft Bergbau betreut und in
unserem Raum vom Landesamt für Geologie und
Bergwesen Sachsen-Anhalt in Halle, vertreten
durch das Bergamt Staßfurt, beaufsichtigt. Die
zuständige Zentralstelle für das
Grubenrettungs- und Gasschutzwesen befand und
befindet sich weiterhin in Leipzig.
Im Nachfolgebetrieb des Kupferschieferbergbaus,
der GVV mbH Sondershausen, gibt es für die zur
Stollenunterhaltung tätige Abteilung
Bergsicherung keine eigene Grubenwehr mehr. Die
Aufgaben sind an das Bergwerk "Glück
auf" in Sondershausen übertragen worden.
Die Abteilung Bergsicherung der GVV mbH mit Sitz
auf dem W-Schacht in Wimmelburg (Abb. 13) ist
gehalten, einige Mitarbeiter als Geräteträger
(sog. ortskundige Führer) bereitzustellen. |
Abb. 13: W-Schacht
als Sitz der Abt. Bergsicherung der GVV mbH
4. Regeln für Ausbildung
und Einsatz der Grubenwehr
Eine Grubenwehr war und ist eine Organisation von
Freiwilligen zur Rettung von in Gefahr geratenen
Bergleuten und zur Verhinderung und Bekämpfung
von Havarien. In den Grubenwehren des
Mansfeld-Kombinates waren ausschließlich
Betriebsangehörige aus möglichst vielen Berufs-
gruppen organisiert, um eine umfassende
Einsetzbarkeit zu gewährleisten. Sie wurden nach
strengen Kriterien (Gesundheit, Persönlichkeit,
auch: Kampfgruppentauglichkeit) ausgewählt.
Spezielle Qualifikationen, wie sie der Bergbau
erforderte (Anschläger, Selbstfahrer, Lokfahrer)
und die Handhabung der Löschtechnik usw. wurden
im Rahmen der Ausbildung erworben (Abb. 14). |
Abb. 14:
Praktische Ausbildung der Grubenwehr
Die Grubenwehren
Sangerhausen und Niederröblingen hatten eine
Sollstärke von je 50 Wehrleuten. Die Ist-Stärke
lag immer etwas darüber. Von den Mitgliedern der
Wehr besaßen jeweils 15 % die Qualifikation
eines Oberführers (ingtechnisches Personal), 15
% die eines Gerätewarts (Metall- handwerker), 20
% die eines Gruppenführers. Etwa 20 % der
Wehrmitglieder gehörten der Spezialistengruppe
der Taucher an. Die Leitung der Wehr mit der
Hauptaufgabe der Gewährleistung der umfassenden
Einsatzbereitschaft hatte der Oberführer. Er
nahm diese Tätigkeit nebenamtlich wahr. Das
einzige hauptamtliche Mitglied der Grubenwehr war
auf beiden Schachtanlagen jeweils ein
Gerätewart. Er hatte die ständige
Einsatzbereitschaft der Atemschutztechnik, für
deren Wartung es spezielle Vorschriften gab, zu
sichern (Abb. 15). |
Abb. 15:
Geräteraum in der Rettungsstelle Bernard-Koenen-Schacht
(oben)
und Blick in ein Gerät R 1710817108 (unten)
Die Ausbildung der
Wehrmitglieder erfolgte monatlich und außerhalb
der Arbeitszeit, also in Überstunden. Außerdem
wurde jährlich ein Wochenlehrgang abgehalten,
für den die Wehr- mitglieder freigestellt
wurden. Besonderer Wert wurde auf die Gewöhnung
an Sichtbehinderung, hohe Temperaturen, hohe
Luftfeuchtigkeit und die ständige Anpassung der
Ausbildung an neue wissenschaftliche Erkenntnisse
gelegt. Für die Ausbildung z. B. unter
Sichtbehinderung oder bei hohen Temperaturen
bestand auf dem Thomas-Münzer-Schacht über Tage
eine spezielle Übungsstrecke.
Die Einsätze der Wehr erfolgten nach Einweisung
durch den Oberführer ausschließlich in Gruppen
zu 5 Mann unter der Leitung eines
Gruppenführers. |
Abb. 16: ine
Gruppe der Grubenwehr rückt aus (oben) und macht sich
zum Einsatz fertig (unten)
Ein Einsatz unter Gerät
(Atemschutztechnik) begann auf Anweisung des
Oberführers in der Bereitschaftsstelle, wenn
eine zweite Gruppe mit Atemschutzgerät dort als
Sicherheitsreserve bereitstand. In der
Bereitschaftsstelle hielten sich weiter
mindestens ein Gerätewart mit Verschleiß- und
Ersatzmaterial (Sauerstoff, Alkalipatronen) und
Prüfgerät für die Atemschutzgeräte, ein Arzt,
ggf. weitere Hilfskräfte auf.
Die Lage der Bereitschaftsstelle wurde von der
Einsatzleitung über Tage möglichst nahe am
Einsatzort, aber im Frischwetterstrom und an
einem Telefonstandort festgelegt, damit der
Oberführer telefonische Verbindung halten
konnte. In der Einsatzleitung war ebenfalls
ständig ein Oberführer anwesend. Auch für den
Einsatz selbst gab es konkrete
Einsatzvorschriften.
5. Ausrüstung der Grubenwehr
Die wichtigsten Ausrüstungsgegenstände waren
die Atemschutzgeräte. Ihnen galt die besondere
Aufmerksamkeit in Ausbildung und Einsatz, denn
von ihrem Funktionieren hing in jedem Fall das
Leben des Wehrmanns ab. Es handelte sich um
Geräte, bei denen die Atemluft im Kreislauf
geführt, von CO2
befreit und mit Sauerstoff angereichert wird. Die
Menge der eingeatmeten Luft wird dabei
entsprechend dem Bedarf des Geräteträgers
lungenautomatisch gesteuert. Die Geräte
erlaubten, je nach dem mitgeführten
Sauerstoffvorrat, eine Benutzung von etwa 2 bis
etwa 4 Stunden, in denen man völlig unabhängig
von der Außenluft agieren konnte. |
Abb. 17: Der
Aufbau der Kreislaufgeräte von 1930 (oben)
und 1980 (unten) ist prinzipiell gleich
Die Spezialistengruppe
Taucher benutzte Druckluftgeräte mit 1 bis 3
Vorratsflaschen, die ebenfalls lungenautomatisch
gesteuert die Luft abgaben, deren ausgeatmete
Luft aber entwich. |
Abb. 18:
Taucher während der Ausbildung, oben: Nassanzug, unten:
Konstantvolumenanzug
Die Benutzungszeiten liegen
je nach Luftvorrat und Tauchtiefe max. bei etwa 2
Stunden. Die Taucher waren als sog.
Schwimmtaucher (Nassanzug) und als schwere
Taucher (Konstantvolumenanzug, z.T. Taucherhelm)
ausgebildet. Außerdem besaß die Grubenwehr für
die Absicherung der Tauchereinsätze eine
transportable und in Niederröblingen eine
stationäre Druckkammer.
6. Einsätze der Grubenwehr
Die Einsätze der Grubenwehr erfolgten sowohl
planmäßig als auch durch Alarmierung.
Planmäßige Einsätze wurden in der Regel
genutzt, um zur Absicherung des laufenden
Betriebsgeschehens in nicht bewetterten oder
gaserfüllten Grubenteilen notwendige Kontrollen
oder Reparaturen durchzuführen. Es wurden aber
auch vereinzelt Streckenvortriebsarbeiten unter
Gerät vorgenommen, z.B. 1978 beim Aufschluss der
sog. Hochscholle in Nienstedt wegen der Austritte
von Stickstoff. Des weiteren waren in
Sangerhausen solche Einsätze (monatlich 1 bis 6)
regelmäßig zur Kontrolle von Wasserzuflüssen,
die mit Schwefelwasserstoffaustritten verbunden
waren, oder von unbewetterten Dammtoren nötig.
Die Spezialistengruppe Taucher leistete viele
Einsätze zur Reparatur an Dämmen im eigenen
Betrieb, zur Suche von Vermissten und zur Bergung
von Toten oder Objekten aus Gewässern oder
Schächten (z. B. Neuhoffnungs-Schacht in
Ilmenau), zur Überwachung und Sicherung von
Wasserkraftwerken (Vockerode, Markersbach), usw.
Nicht unerwähnt bleiben darf der mehrfache
Einsatz der Mansfelder Grubenwehren bei
Katastrophen mit vielen Opfern in anderen
Bergbauzweigen. Es ist hier zu denken an Schacht
250 in Niederschlema (1955), an Martin Hoop
(1952) und Karl Marx (1960) in Zwickau oder an
die Grubenbrandbekämpfung in Rottleberode
(1982).
Einsätze unter Alarmbedingungen gab es auch im
Kupferschieferbergbau immer wieder. Erinnert sei
nur an die größeren Einsätze, wie 1954 beim
Brand in der Zahnradbahn im Fortschritt-Schacht
1, wie 1958 beim Wassereinbruch und wenige Wochen
später bei einem Gasaustritt in der Folge eines
Gebirgsschlages im Otto-Brosowski-Schacht. Hier
musste 1965 außerdem ein weiterer Grubenbrand
bekämpft werden.
Der bezüglich seiner Dauer, seiner Auswirkungen
und der Anzahl der eingesetzten Grubenwehren
bedeutendste Einsatz fand statt zwischen dem 19.
Januar und dem 1. Februar 1987 im
Bernard-Koenen-Schacht Niederröblingen (Abb.
19). |
Abb. 19: Lage
der Bereitschaftsstellen
(Bild anklicken um es zu vergrößern)
In der Nachtschicht vom 18.
zum 19. Januar 1987 brach in der Schachtanlage
"Bernard-Koenen" in Niederröblingen im
Flügel 53 in der 11. Sohle ein Grubenbrand mit
so verheerenden Folgen aus, dass er zu den
schwersten Katastrophen in der 800-jährigen
Geschichte des Kupferschieferbergbaus gerechnet
werden muss. Drei Bergleute, Franz König (58
Jahre alt), Wolfgang Siegel (45 Jahre alt) und
Klaus Schreiner (31 Jahre alt), fanden den Tod.
Weitere
Informationen zum Grubenbrand im
Bernard-Koenen-Schacht Niederröblingen 1987
finden Sie hier >>> |
Abb. 20:
Situation im Flügel 53,
Rissausschnitt (oben) und Skizze (unten)
Abb. 21: Beispiel für einen Einsatzauftrag an die
Einsatzgruppe
(Bild anklicken um es zu vergrößern)
7. Schlussbemerkung
Abschließend lässt sich sagen, dass die
Grubenwehren seit ihrer Entstehung stets eine
hohe Einsatzbereitschaft an den Tag legten und so
zur Sicherung der Produktion und zur Erhaltung
des Lebens und der Gesundheit der Bergleute
beitrugen ohne selbst Verluste an Menschenleben
oder Unfälle beklagen zu müssen. Sie waren vor
allem in den letzten Jahrzehnten bis zur
Beendigung des Bergbaus ein zuverlässiger und
selbstloser Bestandteil der Belegschaft.
Diese Leistungen wurden auch seitens des Staates
gewürdigt, indem jährlich Auszeichnungen für
langjährige Mitgliedschaft und für Verdienste
um das Grubenrettungs- und Gasschutzwesen
vergeben wurden (Abb. 22).
Die Angehörigen der Grubenwehren beider
Schächte pflegten ihr
Zusammengehörigkeitsgefühl auch außerhalb des
Betriebes, z. B. mit dem jährlichen
Grubenwehrvergnügen, bei dem auch die sonst nur
unter der Abwesenheit ihrer Männer leidenden
Ehefrauen und Freundinnen sich rege beteiligten.
Außerdem prämierte die Betriebsleitung einzelne
Wehrleute für ihre Einsatzbereitschaft. Diese
Art der Traditionspflege wurde bis ins Jahr 2009
fortgesetzt. |
Abb. 22:
Letzte Auszeichnung langjähriger Mitglieder 1989
Abb. 23: Treffen der Grubenwehr 2005
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