 |
Mansfelder
Bergbau & Hüttenwesen |
 |
Mansfelder Bergwerksbahn - Erste
touristische Erwähnung 1889
von Manfred
Hauche
2011
Vom 4. bis 7. September 1889
fand in Halle der IV. Allgemeine Deutsche
Bergmannstag statt. Zum damaligen 41-köpfigen
Vorbereitungskomitee gehörte auch der Direktor
der Mansfeldschen Kupferschiefer bauenden
Gewerkschaft, Geheimer Bergrat Ernst Leuschner.
Für den 6. September, den dritten Tag des
Treffens der über 400 Teilnehmer aus ganz
Deutschland, waren zwei Exkursionen vorbereitet.
Die eine Fahrt führte in das
Sächsisch-Thüringische
Braunkohlengebiet und die andere in das
Mansfeldsche Erzrevier. Für
die letztgenannte Exkursion wurde seitens der
Tagungsleitung des Bergmannstages ein
Ortsausschuss gebildet und der
Hausherr, Geh. Bergrat Leuschner,
erhielt für die Organisation Unterstützung
durch hochgestellte Persönlichkeiten: Kammerherr
Graf Hohenthal aus Dölkau, Bergrat Kästner aus
Halle, Oberbergrat Taeglichschek aus Halle,
Geheimer Bergrat Universitätsprofessor Dr.
Zirkel aus Leipzig.
Über 240 Teilnehmer des Bergmannstages hatten
sich für die Fahrt ins
Mansfeldsche Erzrevier entschieden. Im
Festbericht wird die Anfahrt wie folgt
beschrieben:
Für die Fahrt nach den Gruben und Hütten
der Mansfelder Kupferschiefer bauenden
Gewerkschaft war von dem Kgl.
Eisenbahnbetriebsamt in Nordhausen ein Sonderzug
gestellt worden, welcher die Teilnehmer von Halle
über Eisleben bis nach dem Wegeübergang an der
sog. Hüneburg (halbwegs nach Riestedt) bringen
sollte. Von der ursprünglichen Absicht, den Zug
nur bis nach Bahnhof Eisleben fahren zu lassen
und von da zu den nächst gelegenen
Ottoschächten zu Fuß zu gehen, war man im
Hinblick auf den damit verbundenen
Zeitaufwand abgegangen und hatte freilich aus
derselben Rücksicht die beabsichtigt gewesene
Besichtigung der Luther-Erinnerungen in der Stadt
Eisleben aufgeben müssen.
Auf dem Behelfsbahnhof Hüneburg
spielte zum Empfang der Gäste eine uniformierte
Bergmannskapelle. Die Ankommenden wurden vom Geh.
Bergrat Leuschner begrüßt. Dann wurden sechs
Besuchergruppen zu je 40 Mann gebildet, denen
unterschiedliche Exkursionsziele angeboten
wurden:
Gruppe I
Befahrung der Ottoschächte und der
Gottesbelohnungshütte
Gruppe II
Befahrung der Ernstschächte und der
Gottesbelohnungshütte
Gruppe III
Befahrung des 81. Lichtlochs und der
Gottesbelohnungshütte
Gruppe IV
Besichtigung der Tagesanlagen der Ernstschächte,
der Eckhardthütte und der Gottesbelohnungshütte
Gruppe V
Besichtigung der Krughütte, der Eckhardthütte
und der Gottesbelohnungshütte
Gruppe VI
Besichtigung der Kochhütte, der Eckhardthütte
und der Gottesbelohnungshütte
Für alle Gruppen war die Besichtigung der
Wasserhaltung auf dem Ottoschacht II, der neuen
Natronlokomotive am Segen-Gottes-Schacht, der
Wasserhaltungsanlage auf dem Ernstschacht IV und
der Waggonkippe auf Bahnhof Mansfeld vorgesehen.
Allen Gruppen wurde ein Frühstück angeboten:
Für Gruppe I: auf dem Ottoschacht,
für Gruppe II und IV: auf den Ernstschächten,
für Gruppe III: auf dem 81. Lichtloch,
für Gruppe V: auf der Krughütte,
für Gruppe VI: auf der Kochhütte.
Auf der Bahnstation Leimbach war zudem noch
zusätzlich eine Bierstation eingerichtet worden.
Hier hatten die eingesetzten Züge 15 Minuten
Aufenthalt. Im Festbericht wird zu diesem
Exkursionspunkt vermerkt:
Die Fahrt ging vom 81. Lichtloch des
Froschmühlenstollens weiter an den Freiesleben
Schächten vorüber nach Leimbach, dem
größten Bahnhof der Schmalspurbahn, zur
Bierstation, wo der anfänglich zu 15 Minuten
vorgesehene Aufenthalt dem guten
Augustiner-Gebräu zu Liebe auf beinahe die
doppelte Dauer ausgedehnt wurde. Es war hier eine
Stehbierhalle errichtet, geschmückt mit Flaggen,
Tannengrün, Blumengewinde und bergmännischen
Wahrzeichen, in welcher vier junge Damen echtes
Augustiner-Bier aus München verzapften. Als
Einladung war über dem Eingang zur Halle zu
lesen: |
Tretet ein ihr edlen Knappen,
hier wird gesümpft, ohn zu berappen.
Was
Grubendurst und Hüttenrauch verdorben,
wird durch Augustiner neu erworben.
Den Transport zu allen
Exkursionszielen übernahm die Mansfelder
Bergwerksbahn. Die Inbetriebnahme des ersten
Teilstückes dieser
750-mm-Schmalspurbahn erfolgte bereits am
15. November 1880 zwischen der
Kupferkammer-Hütte bei Hettstedt und dem
Glückhilf-Schacht bei Welfesholz auf einer
Länge von 11 km.
Zum Zeitpunkt der Exkursion, also 9 Jahre
später. verfügte die Werksbahn bereits über
33,4 km durchgehendes Geleis und 20,5 km
Anschluss- und Nebengeleise.
Am Exkursionstag war der Werksbetrieb der
Bergwerksbahn auf allen Strecken eingestellt. Die
Gäste bekamen nebenstehenden Fahrplan
ausgehändigt. Des weiteren wurde noch folgendes
festgelegt:
5 Minuten vor Abgang der Züge wird das Signal
zum Einsteigen durch einen langen Pfiff mit der
Dampfpfeife der Lokomotive gegeben, außerdem
wird, soweit dies möglich, auf den einzelnen
Werken die Abfahrt ausgerufen. |

Als Lokomotiven waren Typen
von der Baureihe Bn2t, der Firma Henschel,
Kassel, mit einer Leistung von ca. 100 PS im
Einsatz. |

Den Gästen wurde viel
Interessantes gezeigt. Darauf soll im Rahmen
dieses Aufsatzes nicht näher eingegangen werden.
Jedoch soll die besondere Ausschmückung aller
besuchten Betriebsanlagen hervorgehoben werden.
Im großen Wasserhaltungs-Maschinenraum des
Otto-Schachtes II wiesen Sprüche, wie im
Festbericht festgehalten, auf die besondere
Bedeutung der Pumpenanlagen hin: |
An der südlichen Wand:
Wenn ich nicht heb,
ersäuft der Streb.
An
der östlichen Wand:
2000 Schoppen auf einen Zug,
fünf Millionen mal im Jahr.
Mit solchem durstigen Schlund
sauf ich den Schlottenwog
wohl leer auf den Grund.
Ohne Ruh und Rast erreich ich das Ziel
und wären der Wasser noch so viel.
An
der westlichen Wand:
Genügend Dampf und dicht Ventil,
dann ist das Pumpen leichtes Spiel.
Auf den, der jetzt besser weiß, wie man es macht,
konnt man doch vorher nicht nehmen Bedacht:
Kritisieren ist leichter als Konstruieren.
Natürlich
durfte auch der alte Harzer Bergmannsspruch nicht fehlen.
An
der nördlichen Wand:
Es grüne die Tanne,
es wachse das Erz,
Gott schenke uns allen
ein fröhliches Herz.
Den Abschluss
dieses Exkursionstages bildete ein gemeinsames
Essen im schönen Park des Schlosses Burgörner,
welches im Besitz der Gewerkschaft war. Im
errichteten Zelt, das 400 Personen Platz
bot, wurde Mansfeldsche Gastfreundschaft in
höchster Qualität geboten. Neben dem bereits
erwähnten Augustiner-Bräu aus München, Wein
und Kaffee wurde ein erlesenes Menü angeboten.
Speisengang: |
Krebssuppe - Rindslende mit Gemüse
und Kartoffeln
Lachs mit Holländischer Tunke - Rehbraten
Schmorfrüchte und Salat - Torte - Butter und Käse
Unter diesen
Umständen entwickelte sich eine angeregte und
frohe Stimmung, die mit entsprechenden Toasten
immer neue Förderung erfuhr. Deshalb soll
abschließend noch einmal der Festbericht zitiert
werden:
Bald nach der Tafel brachte Geheimer
Bergrath Professor Dr. Zirkel aus Leipzig als
Vorsitzender der gewerkschaftlichen Deputation
den Trinkspruch auf den Allerhöchsten Bergherrn,
Seine Majestät den Kaiser und König Wilhelm
II., aus. Ihm folgte in der Begrüßung der
Gäste Herr Geheimer Bergrath Leuschner. Den Dank
der Letzteren sprach Herr Berghauptmann Freiherr
von der Heyden Rynsch in einem Glückauf auf die
Mansfelder Gewerkschaft aus. Unter Hinweis auf
die aus der Grafschaft Mansfeld hervorgegangenen
großen Männer, wie Luther und Graf Ernst von
Mansfeld und auf Alexander von Humboldt, welcher
als Preussischer Oberbergmeister in dem damals
seinem Bruder Wilhelm gehörigen Schloss
Burgörner öfter zu Gast geweilt hat, erinnerte
der Redner an den Wechsel der Zeiten in den
Verhältnissen des Mansfelder Bergbaus. Eines ist
geblieben, das Wohlwollen der Gewerkschaft gegen
ihre Belegschaft und das beiderseitige gute
Verhältnis, welches als kostbares Erbe der
Vergangenheit immer so bleiben möge.
Nochmals sprach Herr Geheimer Bergrath Leuschner,
welcher mit dem Ausdruck des Dankes seitens der
Gewerkschaft die Aufrechterhaltung guter
Beziehungen zwischen ihr und dem Kgl.
Oberberg-Amte in Halle sowie der Kgl. Regierung
in Merseburg verband.
Als letzter Redner feierte Herr Oberbergrath
Förster aus Dresden die Beamten der Gewerkschaft
als Vertreter berg- und hüttenmännischer
Technik und die Träger wahrer
Kameradschaftlichkeit.
So verging die Zeit des Mahles schnell. Nach 7½
Uhr abends wurde vom Schloss Burgörner
aufgebrochen, theils in den von der Gewerkschaft
gestellten Wagen, von dem größten Theil der
Gesellschaft aber zu Fuss unter dem Geleit
Fackeln tragender Berg- und Hüttenleute nach dem
Bahnhof Hettstedt. Hier erwartete ein Sonderzug
die nach Halle zurückfahrenden Mitglieder des
Bergmannstages, welcher um 8 Uhr 17 Minuten
abfuhr und dort über Sandersleben um 9.56 Uhr in
Halle eintraf.
So ist diese für die Teilnehmer des IV.
Allgemeinen Deutschen Bergmannstages im Jahre
1889 so umsichtig von der Mansfelder Gewerkschaft
vorbereitete Exkursion zugleich wohl auch als
erste touristische Leistung der Mansfelder
Bergwerksbahn zu werten.
Wünschen wir dem rührigen Verein
Mansfelder Bergwerksbahn, dass weiterhin
noch viele Besucher die angebotenen Fahrten
durchs Mansfelder Land nutzen.
Literatur: Otto Taeglichsbeck, Der IV. Allgemeine
Deutsche Bergmannstag in Halle (Saale),
Festbericht und Verhandlungen, Commissions-Verlag
von Ludwig Hofstetter, 1890. |
<<< Zurück
>>>
© Verein Mansfelder Berg- und
Hüttenleute e.V.
|