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Mansfelder
Bergbau & Hüttenwesen |
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Vor 150 Jahren - Beginn des
Einsatzes von Pferden unter Tage im
Mansfelder Kupferschieferrevier
von Manfred
Hauche
2004
In der Mitte des 19.
Jahrhunderts, als die industrielle Revolution
gewaltige Ausmaße annahm und der Bergbau, sowohl
auf Kohle als auch Erz, die materielle Basis zu
bringen hatte, reichte die Kraft des Bergmannes
nicht mehr aus, um die gewaltigen Kohle- und
Erzmengen nach über Tage zu fördern. Im
Steinkohlebergbau des Ruhrgebietes und des
Saarlandes kamen um 1850 die ersten Pferde zum
untertägigen Einsatz. Pferde brachten eine
Leistungssteigerung in der Förderung bis zu 800
%.
Der Pferdeeinsatz unter Tage im Mansfelder
Kupferschieferbergbau erfolgte nach Unterlagen
des Historischen Archivs in den Jahren 1864 bis
1942. Denkmale haben die Mansfelder Bergleute
für die Grubenpferde nicht gesetzt, sieht man
von der eher umstrittenen, 1995 im Wohngebiet
"Gerbstedter Straße" in der
Lutherstadt Eisleben, errichteten
Skulpturengruppe ab. Der Bergmann und Zeichner
Franz Schneemann hat im "Nappian und
Neuke", Jahrgang 1941, dem letzten
Grubenpferd auf dem Vitzthum-Schacht eine
Zeichnung gewidmet. |
Nach dem Protokoll vom 15.
November 1864 wurde zwischen dem
"Fuhrunternehmer Herrn Ökonom Ecke zu
Hettstedt, und dem
Bergmeister Schrader als Vertreter der
Mansfeldschen Gewerkschaft"
ein Vertrag geschlossen, der den Einsatz von je
zwei Pferden im untertägigen Einsatz auf dem 25.
Lichtloch (Stockbacher Revier) und dem
Zimmermannschacht (Revier 31) vorsah. Der Vertrag
beinhaltete im Wesentlichen schon alle
Bedingungen für die Vertragspartner, die auch
bei später abgeschlossenen Vereinbarungen
Berücksichtigung fanden. Wie zum Beispiel:
Der Fuhrunternehmer stellt die Pferde, welche
gesund, kräftig und gutmütig sein müssen. Er
stellt das Geschirr, das Futter, das Material zum
Beschlagen der Pferde und einen Knecht, der
"alle Eigenschaften eines guten
Arbeitnehmers" hat.
Der Bergwerksbesitzer schafft ordentliche
Bestallungen (mit ausreichender Wetterführung,
Frischwasserversorgung und Beleuchtung). Er
schafft günstige Arbeitsbedingungen
(Streckenmaße, Laufsohle, Wetter, Beleuchtung)
und übernimmt kostenlos den Transport des
Futters, des Strohs und der Streu sowie die
Entsorgung des Pferdemistes. Der Schachtschmied
beschlägt kostenlos die Pferde.
Selbstverständlich wurde auch der Preis
vereinbart. Häufig wurde er für ein Quartal
festgelegt. Die Preisveränderungen ergaben sich
überwiegend aus der Veränderung des
Haferpreises. |
Gegenstand des
Vertrages war natürlich auch die Leistung des
Gespanns. Diese ergab sich zwangsläufig aus der
Anzahl der zu fördernden Last- und Leerwagen
sowie aus der Länge der Förderstrecke. Die
Bezahlung der Pferde bei Betriebsstörungen war
in den Verträgen ebenfalls geregelt. Bei
Stillständen bis zu drei Tagen übernahm der
Betrieb die Kosten. Bei längeren
störungsbedingten Betriebsruhen konnte der
Fuhrunternehmer entscheiden, ob die Pferde aus
dem Schacht genommen werden oder nicht.
Erste Erkenntnisse der Leistungsfähigkeit der
Pferdeförderung ergeben sich aus der Abrechnung
des Fuhrunternehmers Ecke über den Einsatz von 4
Pferden auf dem Glückhilf-Schacht.
Dieser Schacht hatte 1877 die Schieferförderung
aufgenommen und setzte ab 1879 vier Pferde in
einer 800 m langen Förderstrecke ein. In dieser
Übersicht (s. Tabelle) wird die
durchschnittliche Schichtleistung je Pferd mit
105,2 Wagen angegeben. Aus der angegebenen Länge
der Strecke von 800 m und der Nutzlast eines
Förderwagens von 550 kg errechnet sich eine
Leistung je Pferd und Schicht von 46,3
Nutztonnenkilometer. |
In Ruhrgebiet galt
als Durchschnittswert eine Leistung von 35,0 bis
50,0 Nutztonnenkilometer. So konnte sich das auf
dem Glückhilf-Schacht erzielte Ergebnis durchaus
sehen lassen. Diese erzielte Leistung war deshalb
auch ausschlaggebend für den weiteren Einsatz
von Grubenpferden. Deutlich wird die immer
größer werdende Anzahl von Pferden unter Tage
aus der Entwicklung auf dem Ernst-Schacht. Mit
dem Abteufen 1864 begann im Mansfelder Revier die
Ära der Tiefbauschächte und damit auch die der
längeren Förderstrecken. So wurden hier
|
1881 |
18 Pferde, |
1885 |
38 Pferde und |
1890 |
65 Pferde täglich
eingesetzt |
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Mit der weiteren
Steigerung der Kupfererzgewinnung erhöhte sich
die Anzahl der Pferde weiter. Im Jahr 1906 waren
im Masfelder Revier über 360 Pferde in der
untertägigen Förderung im Einsatz. Das
Mansfelder Revier war zu diesem Zeitpunkt in vier
Berginspektionen aufgeteilt. Die Verteilung der
Grubenpferde sah wie folgt aus: |
Berginspektion
I |
107 Pferde |
Berginspektion II |
67 Pferde |
Berginspektion III |
85 Pferde |
Berginspektion IV |
102 Pferde |
Summe |
361 Pferde |
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Im Vergleich zu
anderen Bergbaurevieren nimmt sich diese Zahl
bescheiden aus. Im deutschen Steinkohlebergbau
waren um diese Zeit etwa 11.000 Pferde und in
England sogar bis 65.000 Pferde täglich unter
Tage im Einsatz.
Die zunehmende Zahl der unter tage
eingesetzten Pferde bedingte natürlich eine
entsprechende staatliche Kontrolle. Besonders
kontrolliert wurden die Stallungen, die
Arbeitsbedingungen und der Gesundheitszustand der
Pferde. Für die Kontrollen waren sowohl das
Bergamt als auch der Kreistierarzt befugt.
Pferde fielen in der Förderung auch durch
Krankheit aus. Die Berginspektion II
(Wolfschacht, Hohenthal-Schacht) hatte 1929 rund
50 Pferde im Schacht. Aus einer Aufstellung des
Fuhrunternehmers Hörold aus Eisleben über die
Krankenschichten seiner Pferde im Oktober 1929
geht hervor, dass in diesem Monat 15 Pferde
erkrankten, wobei 2 bis 11 Krankheitstage
anfielen. Krankheitsursachen waren häufig
Verletzungen durch Anstoß in beengten Strecken,
Wundreiben am Geschirr, Hufkrankheiten durch
Vernagelungen.
Die weitverbreitete Meinung, dass die Pferde
unter Tage nach einiger Zeit erblinden würden,
liegt im Bereich der Fabel. Wissenschaftliche
Analysen in anderen Bergbaurevieren haben
ergeben, dass Pferde auch häufig Augenleiden
hatten. Mechanische Erkrankungen, der
Temperaturwechsel vom Abbau zum Schacht, der
ständige Wettersrom und Feuchtigkeit führten zu
Augentrübungen, aber Blindheit auf beiden Augen
soll es nicht gegeben haben.
Anfangs war die Verlustrate durch Tod
verhältnismäßig hoch. Eine Statistik vom
Ernst-Schacht weist folgende Zahlen aus: |
1888 |
bei
täglich 53 eingesetzten Pferden |
7
Todesfälle, |
1889 |
bei täglich 55
eingesetzten Pferden |
15 Todesfälle |
1890 |
bei täglich 61
eingesetzten Pferden |
9 Todesfälle |
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Bedingtdurch den
hohen Anschaffungswert wurden die unter Tage
eingesetzten Pferde gut gefüttert und gepflegt.
Für ein Pferd musste täglich bereitgestellt
werden:
10 kg Hafer, 3 kg Luzerne - Heu, 3 kg Stroh,
als Brot verbackenes Melassefutter und
ca. 20 Liter frisches Wasser.
Das bedeutete hohe Kosten. Insgesamt gesehen
teilten sich die Gesamtkosten wie folgt auf: |
Kaufpreis
des Pferdes (Abschreibung) |
17,7 % |
Futterkosten |
43,3 % |
Löhne für
Stallknechte und Pferdetreiber |
36,9 % |
Geschirr,
Hufbeschlag, Arznei |
7,1 % |
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Die
Pferdeförderung erfolgte zumeist auf söhligen
Strecken. Ausnahmen waren untertägige Göpel.
Auf dem Zimmermannschacht wurde bis 1886 ein
solcher Göpel betrieben (s. Bild). |
Man sieht deutlich
die senkrecht stehende Welle mit der Seiltrommel
und die Deichsel mit Zug- gehänge.
Auch wird die Größe des Grubenraumes deutlich
(Höhe 3 m, Durchmesser 10 m), denn das Pferd
musste ja die Laufrichtung ändern können, je
nach- dem ob Lastwagen heraufgezogen oder
Leerwagen herabgelassen wurden. Eingesetzt war
der Göpel beim Auffahren des
Zimmermannschächter Flaches von der 2. bis
unterhalb der 3. Sohle in den Jahren 1882 - 1886.
Der Pferdegöpel ersetzte 4 Förderleute, die
vorher mit einem Handhaspel die Förderung
bewältigen mussten. |
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Mit stärkerer
Nutzung der Elektroenergie und dem Einsatz von
elektrischen Grubenloks verringerte sich die
Anzahl der Grubenpferde wieder. So waren 1930 im
Mansfelder Revier noch insgesamt 60 Pferde
angelegt und zwar:
39 Pferde auf dem Wolfschacht,
6 Pferde auf dem Hohenthal-Schacht und
15 Pferde auf dem Vitzthumschacht.
Bis 1939 hielt sich diese Zahl etwa konstant.
Dann jedoch wurden die Pferde schrittweise aus
dem Schacht genommen und der Wehrmacht
zugeführt. Das im Archiv vorliegende
Kündigungs- schreiben vom 6. Mai 1942 ist wohl
der Beleg dafür, dass die Ära der Grubenpferde
zu diesem Zeitpunkt im Mansfelder Bergbau zu Ende
gegangen war. Über Tage waren Pferde (z.B. auf
dem Vitzthumschacht) noch nach 1950 im Einsatz. |
Im Ruhrgebiet
dagegen hielt der Einsatz von Grubenpferden
länger an. 1954 waren es immerhin noch ca. 500
Stück. Das letzte Grubenpferd des Ruhrgebietes
mit dem Namen Tobias verließ im Juni 1966 den
Schacht "General Blumenthal". Es hatte
bis zum letzten Tag auf der 700m-Sohle
Kohlenhunte gezogen. Auf dem Anwesen des Steigers
Schwarzkopf erhielt es sein Gnadenbrot. 1995 hat
das Deutsche Bergbau-Museum Bochum dem letzten
Grubenpferd ein Denkmal gesetzt.
Im Schaubergwerk des Museums kann man ihn als
originalgetreue Nachbildung bewundern. Wiehernd
begrüßt er die Gäste im nachgebildeten Stein-
kohlenrevier. |
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